#Antisemitismus für Anfänger
Neustadt, Lübeck, Bad Segeberg 2024 - Hanse-Schule, Berufliche Schule der Hansestadt Lübeck für Wirtschaft und Verwaltung
Ausstellungsprojekt „#Antisemitismus für Anfänger“ in Schleswig-Holstein
Vom November 2023 bis zum Juli 2024 wurde an drei verschiedenen Standorten in Schleswig- Holstein, in Neustadt, Lübeck und Bad Segeberg, die Wanderausstellung „#Antisemitismus für Anfänger“ gezeigt.
Die Ausstellung setzt sich mit den Mechanismen und der Geschichte des Antisemitismus auseinander und nutzt dabei humorvolle und satirische Elemente, um Vorurteile und Feindbilder gegenüber Jüdinnen und Juden zu entlarven. Dabei werden auf 25 Roll-Ups Situationen überspitzt dargestellt, mit Ironie betrachtet und ins Lächerliche gezogen.
Die Projektkoordination an den Ausstellungsorten wurde von den Fachberaterinnen und Fachberatern für Kulturelle Bildung der jeweiligen Kreise, Mano Salokat, Katja Markmann und Antje Wilkening, übernommen. Ziel aller Projektkoordinatorinnen und Projektkoordinatoren war es, in Schulen, bei Schülerinnen und Schülern, das Bewusstsein für Antisemitismus zu schärfen und zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Thema anzuregen.
In Zusammenarbeit mit außerschulischen Kooperationspartnern wurde an allen Ausstellungsorten ein umfangreiches Begleitprogramm erstellt. Digital und analog konnten Lehrkräfte in Fortbildungen das Thema „Antisemitismusprävention“ vertiefen und sich über konkrete pädagogische Ansätze informieren. Schülerinnen und Schüler wurden unterschiedlichste Workshops angeboten, in denen mit künstlerischen Methoden durch Kulturschaffende und Kulturvermittlerinnen und -vermittler kreative Zugänge zu einem schwierigen Thema geschaffen wurden.
Sowohl die Fortbildungsangebote für die Lehrkräfte, als auch die Workshops und die Ausstellung waren für Schülerinnen und Schüler kostenlos.
Die erste Station
der Wanderausstellung „#Antisemitismus für Anfänger“ in Schleswig-Holstein war im November 2023 im ZeiTTor-Museum der Stadt Neustadt. Hier konnte neben dem kostenlosen Ausstellungsbesuch mit Hilfe der Sparkassenstiftung die Schülerbeförderung übernommen werden. Lerngruppen wurden von ihren Schulen abgeholt und auch wieder nach Hause gebracht. Insgesamt wurde ein Zeitfenster von zwei Wochen (10 Schultagen) geblockt. Schulen konnten jeweils für einen Vormittag einen Ausstellungsbesuch mit dazugehörigem Workshop buchen. Im Rahmen eines Einführungsgesprächs wurde der Ablauf besprochen und die Gruppe ging gemeinsam mit schriftlich ausgeführten Fragestellungen (siehe Anhang) in die Ausstellung. Anschließend konnten die Schülerinnen und Schüler aus zwei künstlerischen Workshops wählen, um die Auseinandersetzung mit der Thematik handlungsorientiert zu vertiefen. Ein Workshop wurde von der Illustratorin und Kulturvermittlerin Julia Kaergel zum Thema Comics durchgeführt. Im dem zweiten Workshop thematisierte Museumpädagogin Melanie Zülke durch verschiedene Zugänge den Untergang der Cap Arcona. Abschließend präsentierten beide Gruppen ihre Ergebnisse und reflektierten den Vormittag.
Insgesamt nahmen 279 Schülerinnen und Schüler aus allen weiterführenden Schularten an dem Projekt teil. Hinzu kamen noch die Besucherinnen und Besucher aus der Öffentlichkeit. Alle Schulklassen erhielten den entsprechenden Bildband von der Ausstellung!
Im Rahmen der abschließenden Reflexionsrunden gab es viele positive Rückmeldungen der Teilnehmenden. Die Ausstellung sei ein guter Anlass gewesen, um sich mit dem Themenfeld Antisemitismus auseinanderzusetzen und über eigene Vorurteile nachzudenken. Die Workshops waren ein gutes Format, um die Auseinandersetzung zu vertiefen.
In allen Schulen gab es eine alters- und schulartangepasste Vorbereitung durch die Lehrkräfte, worauf sich die Workshopleitungen jeweils gut mit ihrer offenen Arbeitsweise einstellen konnten.
Als zweite Station
wurde die Ausstellung in der Zeit vom 1. bis zum 13. Juli 2024 an der Hanse-Schule Lübeck präsentiert und mit einer Vernissage feierlich eröffnet. Die Eröffnungsveranstaltung betonte die Wichtigkeit des Projekts im Kontext schulischer Bildung und setzte ein Zeichen gegen den wachsenden Antisemitismus in Deutschland. Die Resonanz auf das Projekt war sehr groß. Insgesamt besuchten 27 Schulklassen und 11 Einzelgruppen die Ausstellung, was die hohe Relevanz des Themas in der Schulgemeinschaft unterstreicht.
Parallel zur Ausstellung wurden zwei Online-Fortbildungen für Lehrkräfte angeboten, um das Thema Antisemitismus vertieft zu behandeln und konkrete pädagogische Ansätze vorzustellen:
Fortbildung am 2. Juli 2024: "Antisemitismus in Deutschland seit dem 7. Oktober 2023 und davor"
Diese Fortbildung thematisierte die deutliche Zunahme antisemitischer Vorfälle nach dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023. Dr. Olaf Kistenmacher, Historiker und Journalist, beleuchtete die historischen Wurzeln der Judenfeindschaft in Deutschland und zeigte, wie antisemitische Ideologien bis heute in verschiedenen gesellschaftlichen Milieus wirksam sind.
Fortbildung am 9. Juli 2024: "Antisemitismus in Deutschland"
In dieser Veranstaltung gab Linda Sofie Faupel, Vertreterin der landesweiten Informations- und Dokumentationsstelle Antisemitismus Schleswig-Holstein (LIDA SH), einen Einblick in die dokumentierten antisemitischen Vorfälle im Jahr 2023. Dabei wurde insbesondere analysiert, wie der Terrorangriff der Hamas antisemitische Ressentiments verstärkte und welche Auswirkungen dies auf den Alltag von Jüdinnen und Juden in Deutschland hat.
Die Ausstellung "#Antisemitismus für Anfänger" leisteten einen wertvollen Beitrag zur Aufklärung über Antisemitismus und regten Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte zu einer kritischen Reflexion an. Die hohe Besucherzahl und das starke Interesse an den Fortbildungen zeigen, wie relevant das Thema im Schulalltag ist. Die Ausstellung trug entscheidend dazu bei, Antisemitismus sichtbar zu machen und das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines aktiven Engagements gegen Vorurteile und Hass zu stärken.
Als dritte Station
machte die Ausstellung in der Jugendakademie Bad Segeberg halt. An vier Tagen, vom 15.7.24 bis zum 18.7.24 konnten sich 54 Schülerinnen und Schüler, im Alter zwischen 15 und 21 Jahren, aus den weiterführenden Schulen Bad Segebergs intensiv mit den Inhalten der Ausstellung auseinandersetzen und eigene künstlerische und kreative Zugänge finden und darstellen. Beteiligt waren das Städtische Gymnasium Bad Segeberg, die Dahlmannschule Bad Segeberg, die Schule am Seminarweg, die Schule am Burgfeld und die Berufsschule Bad Segeberg.
Als Kooperationspartner waren der Kulturknotenpunkt Bad Segeberg, die Stadtbücherei, die Aktiv-Region Schleswig-Holsteins Herz und das Jugendbüro Bad Segeberg in das Projekt eingebunden.
Angeboten wurden die Workshops Illustration mit Julia Kaergel, Storytelling mit Twine, durchgeführt von Finn Holland, ein Theaterworkshop mit Nina Hensel, ein Film-/ Audioworkshop mit Thomas Minnerop und dem Team aus dem Jugendbüro Bad Segeberg und Comics digital mit Freya Anders von der Stadtbücherei Bad Segeberg. Begleitet wurden die Workshops durch Axel Winkler, ehemalige Lehrkraft an der Franz-Claudius-Schule in Bad Segeberg. Seit vielen Jahren ist er der Organisator der Verlegung der Stolpersteine in Bad Segeberg und klärt in Veranstaltungen und Führungen über historische Hintergründe und die Lebensgeschichten der Opfer auf.
Die Schülerinnen und Schüler haben im Vorfeld einem Workshop nach Interessenslage ausgewählt, sodass ein schulübergreifender Austausch zwischen den Schülerinnen und Schülern möglich war.
In den Workshops von Julia Kaergel und Freya Anders entstanden digitale und analog gezeichnete Cartoons und kleinere bildhafte Geschichten, die in der anschließenden Ausstellung präsentiert wurden. Die Ergebnisse des Storytelling-Workshops mit Finn Holland sind fiktive und für Nutzerinnen und Nutzer interaktive Geschichten, die ebenso wie die Filme und Audiobeiträge aus dem Workshop mit Thomas Minnerop über QR-Codes abrufbar sind. Eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern der Dahlmannschule setzte zusätzlich zu den angebotenen Workshops ein eigenes Projekt um. Sie recherchierten zu Hintergründen ermordeter Jüdinnen und Juden aus Bad Segeberg und präsentierten ihre Ergebnisse in Form eines kleinen gebundenen Buches und einer Plakatwand.
Die szenischen Umsetzungen aus dem Theaterworkshop mit Nina Hensel wurden am Abschlusstag vor geladenem Publikum „live“ aufgeführt; zudem konnte die beeindruckende Ausstellung der Workshopergebnisse besucht werden.
Die Workshopleitenden und Schülerinnen und Schüler zeigten sich bei der Präsentation der Ergebnisse sehr zufrieden und stolz. Hier einige Äußerungen der Schülerinnen und Schüler, die sie anonymisiert schriftlich mitteilten:
„Ich habe sehr viel gelernt und dieses Thema in einer Gruppe kreativ zu bearbeiten, hat mir Spaß gemacht.“
„Mir hat es gefallen, dass wir zusammen gemeinsam an einem Thema kreativ gearbeitet haben.“
„Gute inhaltliche Aufarbeitung eines brisanten Themas. Daraus resultierte eine Prävention von Antisemitismus und Xenophobie in unserer Altersgruppe.“
Auch die Workshopleitenden waren mit dem Prozess und den Ergebnissen der Arbeiten der Schülerinnen und Schüler zufrieden. Anfängliche Hemmungen, sich mit dem Thema auseinandersetzen, konnten durch die künstlerischen und kreativen Zugänge schnell abgebaut werden. Lösungen bei Schwierigkeiten in der Umsetzung von Ideen wurden in gemeinsamen Gesprächen erarbeitet und gefunden.
Im Anschluss blieben beide Ausstellungen, die Wanderausstellung und die Ergebnisse der Workshops, für eine weitere Woche für die Öffentlichkeit kostenfrei zugänglich. In dieser Zeit fand in den Ausstellungsräumen ein Vortrag für interessierte Bürgerinnen und Bürger statt. Frau Linda Sofie Faupel, Vertreterin der landesweiten Informations- und Dokumentationsstelle Antisemitismus Schleswig-Holstein (LIDA SH), gab einen Einblick in die dokumentierten antisemitischen Vorfälle im Jahr 2023.
FAZIT
Trotz der unterschiedlichen Zugänge in Form der Ausstellungspräsentation, Fortbildungen für Lehrkräfte sowie eintägigen oder mehrtägigen Workshops für Schülerinnen und Schüler, ist es an allen Orten gleichermaßen gelungen, eine Vielzahl von Schulen, Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern zu erreichen, aber auch in der allgemeinen Öffentlichkeit das Bewusstsein für Antisemitismus zu schärfen und zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Thema anzuregen.
Darüber hinaus konnte an allen Orten der Wanderausstellung durch die vielseitigen Kooperationen der Kreisfachberatungen für Kulturelle Bildung mit den ansässigen Schulen und außerschulischen Institutionen wie Museen, Kulturknotenpunkten, Stadtbüchereien, Aktivregionen und Stiftungen das kulturelle Netzwerk gestärkt und weiter ausgebaut werden.
Alle Ausstellungsorte wurden von der Öffentlichkeit gut wahrgenommen und durch die Presse begleitet.
Zusammenfassung aus den Dokumentationen aus Neustadt, Lübeck und Bad Segeberg
Antje Wilkening M.A.